Keine Beschränkung für Schutz und Hilfe bei häuslicher Gewalt

Pressemitteilung des AWO Bundesverbands vom 24.11.2021:

Die Hilfestrukturen müssen ausgebaut und gestärkt werden. 

Am Dienstag gab das Bundeskriminalamt bekannt, dass 2020 139 Frauen von ihren derzeitigen oder ehemaligen Partnern getötet worden sind. Die Zahl der Fälle von Partnerschaftsgewalt, in denen die Polizei involviert war, stieg zudem um 4,9 Prozent. Angesichts dieses Anstieges und des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen m 25. November kritisiert die Arbeiterwohlfahrt die Tendenz, Frauenhausaufenthalte pauschal zeitlich zu begrenzen. Die Aufnahme für Frauen in Frauenhäusern wird seit Jahren durch Kostenerstattungsstreitigkeiten zwischen Kommunen erschwert. Dies steht der jeweils individuell fachlichen Bewertung der Gefährdungs- und Krisensituation und der psycho-sozialen Gewaltschutzarbeit durch die Fachkräfte in den Frauenhäusern entgegen. Dazu erklärt Selvi Naidu, Mitglied des AWO Bundesvorstandes:

„Jede gewaltbetroffene Frau muss zu jeder Zeit die Möglichkeit haben, die häusliche Gewaltsituation zu verlassen und Schutz und Hilfe zu erhalten. Wir appellieren an die politisch Verantwortlichen, sich dafür einzusetzen, dass fachliche Gebotenheit das Maß ist und keine willkürlich festgesetzte Zeitvorgabe für den sicheren und notwendigen Aufenthalt in einem Frauenhaus. Am Gewaltschutz zu sparen ist das falsche Signal.“

Gewalt gegen Frauen durch Partner oder Ex-Partner zwingt jedes Jahr mehrere tausend Frauen dazu, aus der eigenen Wohnung zu flüchten. Oftmals ist die Aufnahme in einer Schutzeinrichtung wie einem Frauenhaus die einzig sichere Möglichkeit, um sich und die eigenen Kinder vor weiterer körperlicher und psychischer Gewalt zu schützen. Seit Jahren gibt es immer wieder die Situation in Frauenhäusern, dass umfangreiche Begründungen von Kostenträgern für die längere Verweildauer einer Frau verlangt werden. Immer wieder kommt es dazu, dass Kostenerstattungen über kommunale bzw. Landesgrenze hinweg abgelehnt werden, wenn die gewaltbetroffene Frau Schutz und Hilfe in einer anderen Kommune bzw. einem anderen Bundesland erhält als ihn ihrer Herkunftskommune bzw. dem Herkunftsbundesland. Dabei ist gerade der räumliche Abstand zumeist die einzige Möglichkeit, um dem Gewalttäter zu entkommen.

„Die Gewaltschutzarbeit für Frauen muss endlich als Pflichtaufgabe verankert werden. Frauenhäuser und Schutzwohnungen, Fachberatungsstellen, Notrufe und Interventionsstellen sind keine Sparbereiche“, so Naidu, „Im Gegenteil: Es müssen endlich ausreichend Schutzplätze und überall erreichbare Beratungsangebote für Frauen, Kinder und Jugendliche gemäß der Istanbulkonvention etabliert werden. Frauen brauchen einen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe.“

Darüber hinaus fordert die AWO eine bundeseinheitliche Finanzierungsregelung für Frauenhäuser und Fachberatungsstellen. Diskussionen über Erstattungen von erbrachten Leistungen in Frauenhäusern zwischen verschiedenen Kommunen und Bundesländern sollten endlich der Vergangenheit angehören. Sie dürfen nicht länger zu Lasten der gewaltbetroffenen Frauen gehen.

Die Original-Pressemitteilung kann unter diesem Link abgerufen werden:
https://www.awo.org/keine-beschraenkung-fuer-schutz-und-hilfe-bei-haeuslicher-gewalt

AWO Bundesverband fordert umsetzbare und sichere Konzepte für Kindertageseinrichtungen

Berlin, den 24.03.2021. Kindertageseinrichtungen sollen im verschärften Lockdown weiter geöffnet bleiben und mehr Testungen durchgeführt werden. Die Testkapazitäten reichen aber vielerorts nicht aus. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen bei kleinen Kindern besorgniserregend an, Ausbrüche in Kitas werden gehäuft gemeldet. Der AWO Bundesverband fordert vor diesem Hintergrund, flächendeckend Kinder und Fachkräfte in den Einrichtungen effektiv zu schützen. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Die geforderte Anzahl von zwei Tests die Woche für Mitarbeitende und Kinder ist bisher in vielen unserer Kindertagesstätten nicht umsetzbar. Uns fehlt einfach die erforderliche Menge an Tests. Zudem gibt es noch nicht flächendeckend kindgerechte, jeweils altersangepasste Testungen, und die Kolleg*innen vor Ort bräuchten Einweisungen für deren Handhabung, die diesen Namen auch verdient haben. Die Tests für Kinder müssen zudem natürlich freiwillig bleiben und Eltern einbezogen werden.

Unsere Einrichtungen geraten dadurch in ein Dilemma: entweder Kinder und Mitarbeitende vor Ort Risiken auszusetzen oder Kinder in wichtigen Phasen ihrer Entwicklung keine pädagogischen Angebote mehr machen zu können. Diese ungeklärte Situation in den Einrichtungen zeigt, dass Kindertagesstätten im politischen Umgang mit der Pandemie noch zu wenig priorisiert werden.“

So sei beim Bund-Länder-Gipfel vom Montagabend das Infektionsgeschehen in Kindertagesstätten zu wenig thematisiert worden. Die stattdessen bereits in der Vorwoche durch die Kultusministerkonferenz beschlossene weitgehende Entkopplung der Schutzmaßnahmen von Inzidenzwerten sei angesichts der heranrollenden „Dritten Welle“ nicht der richtige Schritt.

„Das Familienministerium hat wichtige Hinweise gegeben, wie jetzt vorgegangen werden sollte. Diese Hinweise gilt es zu berücksichtigen“, so Schubert, „Denn wenn wir jetzt nicht umsteuern, müssen wir, so, wie sich die Situation derzeit darstellt, damit rechnen, dass die Dritte Welle auch durch Kindertagesstätten rollt – und zwar vergleichsweise ungebremst.“

Die Arbeiterwohlfahrt gehört zu den sechs Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege und wird bundesweit von über 312.000 Mitgliedern, mehr als 82.000 ehrenamtlich engagierten Helferinnen und Helfern sowie rund 237.000 hauptamtlichen Mitarbeiter*innen getragen.

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